Rietberg. Der Missbrauch bzw. die Abhängigkeit von Alkohol, Tabak und weiteren Substanzen kann auch im höheren Alter ein Problem sein. Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen überschreiten rund 30 Prozent der über 65-jährigen Männer und 18,5 Prozent der über 65-jährigen Frauen die Grenze für einen risikoarmen Alkoholkonsum. Rauchen ist bei rund 15 Prozent der Männer und 9 Prozent der Frauen in der Altersgruppe 60 plus verbreitet. Vor diesem Hintergrund ist es der Caritas Gütersloh ein Anliegen, ihre Mitarbeitenden in der Pflege für dieses Thema zu sensibilisieren. Wie kann man eine Suchterkrankung erkennen? Wie geht man mit Betroffenen im Alltag um?
In der Caritas-Tagespflege in Rietberg fand jetzt ein Workshop für das Team statt, um im Fall der Fälle noch besser gewappnet zu sein. Zu Besuch war Ursula Scholzen, Beraterin aus der Sucht- und Drogenhilfe des Caritasverbandes. Die Expertin stellte aktuelle Zahlen vor und skizzierte die gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie sprach über die Entstehung von Abhängigkeiten und stellte Ansprechpartner und Unterstützungsangebote vor, an die Mitarbeitende verweisen können.
Schnell waren sich die Anwesenden einig, dass Alkohol in der Bevölkerung weitgehend akzeptiert sei und gesundheitliche Risiken zumeist ausgeblendet würden. „Nach wie vor kommt man in Erklärungsnot, wenn man auf einer Feier sagt: Ich trinke nicht“, fasste Ursula Scholzen zusammen. Auch Rauchen und Geselligkeit seien eng miteinander verknüpft. Zudem warnte die Beraterin davor, Medikamente als Suchtmittel zu unterschätzen. „Aus der täglichen Einschlafhilfe oder dem Beruhigungsmittel kann schnell eine Abhängigkeit werden.“
Das Thema sei noch immer ein gesellschaftliches Tabu, führte Ursula Scholzen aus. „Erkrankte fühlen sich oft stigmatisiert.“ Und ihr Umfeld scheue nicht selten die Auseinandersetzung mit der Situation. Der richtige Umgang mit Betroffenen ist laut Ursula Scholzen „ein schmaler Grat“. „Wenn man das Gefühl hat, jemand hat eine Suchtproblematik, sollte man dies ansprechen. Dabei ist der Ton entscheidend.“ So sei es meist wenig ratsam, jemanden mit dem erhobenen Zeigefinger erziehen zu wollen. „Vielmehr geht es darum, Beziehungen zu schaffen, gemeinsam zu reflektieren, Alternativen oder Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen.“ Ursache für den übermäßigen Konsum seien häufig Probleme wie Einsamkeit, Ängste und körperliche Einschränkungen.
Bei den Mitarbeitenden kam der Workshop gut an. Schnell entwickelte sich ein angeregter Austausch. Das freute Pflegedienstleitung Elke Watermann, die die Suchtberaterin eingeladen hatte. „Präventive Maßnahmen sind wichtiger denn je. Mit dem Workshop möchten wir die Mitarbeitenden auf Herausforderungen vorbereiten und ihnen Hinweise für den Alltag mitgeben. Ich freue mich sehr über die gute Resonanz und die vielen interessierten Fragen.“