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Internationaler Gedenktag für verstorbene Drogenkonsumenten

Seit Beginn diesen Jahres weiß die Caritas Sucht- und Drogenhilfe im Kreis Gütersloh bereits von mindestens sieben Klienten, die am Konsum von illegalen Drogen bzw. deren Folgeerscheinungen gestorben sind – pro Monat mindestens ein Mensch. Und jeder dieser Menschen hinterlässt Familienangehörige und Freunde. Nicola Bals gehört seit März zum Team der Sucht- und Drogenhilfe und arbeitet dort u.a. im Cafe- und Servicebereich: „Seit dieser kurzen Zeit habe ich bereits mehrere Personen kennengelernt, die jetzt nicht mehr leben.“

Wenn Klienten der Caritas Sucht- und Drogenhilfe versterben, führen Bals und ihre Kollegen auch mit Hinterbliebenen Trauergespräche. „Erst kürzlich ist ein langjähriger Klient plötzlich verstorben, dessen Tod für andere Cafebesucher schmerzhaft war und sehr überraschend kam“, führt die Drogenberaterin weiter aus. „Dann ist es mir wichtig, diese Trauer zuzulassen, ihr Raum und Zeit zu geben und sie zu begleiten. Ansonsten kann es sein, dass versucht wird, die damit verbundenen Gefühle wie Angst und Traurigkeit mit Drogen zu betäuben.“ So geht es bei diesen Gesprächen oft auch um die eigene Lebensführung und Selbstfürsorge. Denn riskanter Alkohol- oder Drogenkonsum birgt neben den direkten und akuten gesundheitlichen Risiken auch immer die Gefahr u.a. von chronischen Folgeerkrankungen.  Und die Liste dieser möglichen Folgen des Drogenkonsums ist lang. Sie reicht von Herzschäden über Lähmungen, Nierenversagen und einer Schädigung des körpereigenen Abwehrsystems bis hin zur Zerstörung verschiedener Organe. Häufig kommt für Betroffene auch der soziale Abstieg hinzu, wenn Beziehungen in die Brüche gehen, der Arbeitsplatzverlust droht oder sogar die Obdachlosigkeit eintritt.

Seit einigen Jahren nutzt das Caritas-Team den Internationalen Gedenktag für verstorbene Drogenkonsumten am 21.Juli, um mit Klienten nicht nur den Verstorbenen zu gedenken, sondern auch um den Klienten Kompetenzen mit an die Hand zu geben und ihnen Mut zu machen. So geht es in diesem Jahr um fünf verschiedene Rituale, die helfen können, mit Schmerz und Trauer besser umgehen zu können. Beim ersten Ritual steht die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben im Mittelpunkt. Nicola Bals: „Wenn ein liebgewonner Mensch verstirbt, geht es darum, das eigene Leben neu auszurichten. Orientierung und Kraft kann man dabei u.a. aus dem eigenen Lebensweg schöpfen. Es geht also darum, sich die eigenen Glücksmomente, die bisherigen Träume und Ziele wieder bewusst zu machen. Diese notiert man sich am besten auf einen Zettel und steckt ihn für den „Notfall“ ins Portemonnaie. So kann man immer darauf zurückgreifen, wenn man es gerade braucht.“ Eine praktische Hilfe – nicht nur für Drogenkonsumenten – in schwierigen Lebenssituationen.

Bei allen Belastungen, die dieser Job mit sich bringt, kann Nicola Bals aber ein positives Fazit für sich herausziehen: „Neben diesen traurigen Lebenserfahrungen ist es schön, eine neue Qualität des Lebens mit den Besuchern des Cafés wieder zu entdecken und aufmerksam mit der eigenen Lebensführung und Gesundheitsfürsorge  zu bleiben.“

Zur Person:
Nicola Bals ist studierte Dipl.-Pädagogin und arbeitet seit März für die Sucht- und Drogenhilfe der Caritas im Kreisgebiet. Neben dem Cafe- und Servicebereich betreut sie auch eine Außensprechstunde der Drogenberatung in Schloß Holte- Stukenbrock. Diese findet immer Freitagnachmittags im Kreisfamilienzentrum an der Rathausstraße statt. Zuvor arbeitete Bals bereits in anderen Feldern der Sucht- und Drogenhilfe, in der Erziehungsberatung und in einem Trauerprojekt für Kinder, deren Eltern verstorben sind.

Zum Gedenktag:
Der National Gedenktag für Verstorbene Drogenkonsumenten geht zurück auf Ingo Marten, der am 21. Juli 1994 Gladbeck auf bisher noch ungeklärte Ursache verstarb. Aufgrund des Engagements seiner Mutter wird nun seit 1998 der Nationale Gedenktag in Deutschland begangen, dem sich jedes Jahr viele Einrichtungen der Sucht- und Drogenhilfe mit verschiedenen Aktionen anschließen. Bundesweit verstarben 2018 laut der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Marlene Mortler 1276 Menschen am Konsum von illegalen Drogen bzw. dessen Folgen. 

Gut loslassen können: Caritas-Drogenberaterin Nicola Bals mit einem von fünf Ritualen zum besseren Umgang mit Tod und Trauer anlässlich des Internationalen Gedenktages für verstorbene Drogenkonsumenten.