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Kindergarten erhält „Papilio”-Zertifikat

Mama und Papa lassen sich scheiden. Der vierjährige Simon reagiert mit Trauer und Wut. Seine Freunde aus dem Kindergarten bekommen das zu spüren. Wenn ihn der Frust packt, weiß Simon sich nicht anders zu helfen – und langt zu. Das Beispiel ist erfunden, kommt so aber tagtäglich vor. Um Kindern wie Simon zur Seite zu stehen, hat sich das Team des Kindergartens St. Elisabeth Gütersloh nach dem „Papilio”-Programm fortgebildet. „Papilio” ist eine Initiative zur frühzeitigen Vorbeugung gegen Sucht und Gewalt.

Zwei Jahre lang wurden die Erzieherinnen von Papilio-Trainer Lars Riemeier (Fachstelle für Suchtvorbeugung beim Caritas-Verband Gütersloh) geschult. Am Donnerstag, 7. November 2013, haben Lars Riemeier und Peter Köching (Leiter der Caritas Sucht- und Drogenhilfe) die Zertifikate überreicht. Nicht nur das Team, auch die Einrichtung selbst erhielt die Auszeichnung. 

Doch was genau sind die Ziele von „Papilio” (zu deutsch: Schmetterling)? Und warum setzt Sucht- und Gewaltprävention schon im Kindergarten an? Papilio-Trainer Lars Riemeier: „Im Alter von vier bis acht Jahren entwickeln Kinder die Risiko- und Schutzfaktoren, die später darüber entscheiden, ob sie sich problematisch entwickeln. Die Fähigkeit, eigene Gefühle einschätzen und mit ihnen umgehen zu können, ist dabei ganz entscheidend.” Der Kindergarten sei daher der richtige Ort, um Kinder stark zu machen gegen Sucht und Gewalt. Lars Riemeier: „Das Wichtigste, was die Erzieherinnen und Erzieher vermitteln, sind emotionale und soziale Kompetenzen.” „Sozial kompetent” bedeute, dass Kinder Freude daran haben, sich an Regeln zu halten, gleichzeitig aber auch ihre berechtigten Interessen in der Gruppe durchsetzen. „Und ,emotional kompetent‘ heißt, dass sie ihre Gefühle ausdrücken und auf die Gefühle anderer eingehen können.”

Anja Brinkmann (Leiterin des Kindergartens St. Elisabeth) und ihr neuköpfiges Team haben während der Fortbildung gelernt, diese Theorie in der Praxis umzusetzen. Handfeste Accessoires helfen den Kindern in St. Elisabeth seither, ihre Gefühle zu kanalisieren. Der „Brülleimer” nimmt gerne zornige Verbalattacken entgegen. Der „Wutsack” oder „Wutwegwerfball” ist dankbares Opfer für überschüssige Aggressionen. An den Wänden hängen Poster der Papilio-Kobolde „Freudibold”, „Heulibold”, „Zornibold” und „Bibberbold” – je nach aktueller Gemütslage können die Kinder hier ihr Bild anheften, so dass sie selbst, aber auch ihre Spielkameraden wissen, wie es ihnen geht.

Peter Köching: „,Papilio‘ soll helfen, Kinder schon früh widerstandsfähig zum machen gegen die die Widrigkeiten des Lebens. Wenn sie das nicht lernen, besteht die Gefahr, dass sie ihre Energie destruktiv gegen sich oder andere einsetzen.” Konkret: Kinder wie Simon reagieren auf Krisen mit Faustschlägen und Tritten, andere Kinder mit Ess-Störungen. Im Folgealter kompensieren manche mit Internet-Sucht oder Drogenkonsum. Laut Wilhelm Kleine (Regionalgeschäftsführer der Barmer GEK) zeigen 22 Prozent der Sieben- bis 17-Jährigen psychosoziale Auffälligkeiten. Um hier gegenzulenken, fördert die Barmer GEK das Projekt ebenso wie der Kreis Gütersloh. Seit 2006 unterstützen sie „Papilio”.

Der Kreis Gütersloh nimmt mit Lars Riemeier OWL-weit eine Vorreiterrolle ein. Der Caritas-Mitarbeiter ist der einzige „Papilio”-Trainer in der Region und einer von 175 Coaches bundesweit. Im Kreisgebiet hat Riemeier seit 2006 gut 80 Erzieherinnen und Erzieher geschult. Bundesweit wurden bis dato 5330 Pädagogen und 106.000 Kinder mit dem „Papilio”-Programm erreicht.

Weitere Informationen gibt es bei Lars Riemeier (Caritas Sucht- und Drogenhilfe) unter Tel. 05241/994070 oder riemeier(at)caritas-guetersloh.de 

Sie sind jetzt Expertinnen in Sachen Sucht- und Gewaltprävention: die Erzieherinnen Harouwla Saxoni, Gabriele Sztucki, Andrea Claas, Sonja Müller, Jutta Reckord und Heike Zachewicz (vorne von links nach rechts). Mit im Bild (hinten von links): Andreas Kerkhoff (Vorstandsmitglied der Kirchengemeinde St. Pankratius), Doris Schlüter (Kreis Gütersloh), Anja Brinkmann (Leiterin des Kindergarten St.Elisabeth), Peter Köching (Leiter der Caritas Sucht- und Drogenhilfe), Papilio-Trainer Lars Riemeier (Caritas) und Wilhelm Kleine (Regionalgeschäftsführer der Barmer GEK). Auf dem Bild fehlen: Xenia Barbara Iwanek und Katinka Drinkuth.