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Weibischof Dr. Zadarko: Werkvertragsarbeiter-System ist „Menschenhandel”

Mehr als 5000 Werkvertrags-Arbeitsplätze gibt es derzeit in der Fleischindustrie im Kreis Gütersloh. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten kritisiert die Caritas Gütersloh  immer wieder als teils menschenunwürdig und prekär. Die meisten Arbeiter kommen aus Ost- und Südosteuropa – viele aus unserem Nachbarland Polen. Eine hochrangige Delegation der katholischen Kirche in Polen informierte sich daher nun über die Hilfen, die die Caritas Gütersloh den Familien mit Werkverträgen anbietet. Zu Gast waren Weibischof Dr. Krzysztof Zadarko (Vorsitzender des Rates für Migration und Tourismus der polnischen Bischofskonferenz) und Prälat Dr. Marian Subocz (langjähriger Caritas-Direktor Polens – beide aus dem Bistum Köslin-Kolberg). Die Seelsorger nutzten eine Einladung des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker für eine Stippvisite in Gütersloh.

Volker Brüggenjürgen (Vorstand Caritasverband für den Kreis Gütersloh) sprach mit ihnen über die Lebenssituation den Familien mit Werkverträgen. Er kritisierte erneut deren Arbeitsbedingungen – Wochenarbeitszeiten bis zu 60 Stunden, nicht selten Sechs-Tage-Woche und chaotische Arbeitszeiten. Volker Brüggenjürgen verwies auch auf die prekäre Wohnungssituation: Viele Werkvertragsarbeiter und ihre Familien lebten total beengt und in völliger Abhängigkeit ihrer Subunternehmen. Für sie hat der Caritasverband für den Kreis Gütersloh 2016 ein muttersprachliches Beratungsangebot geschaffen, das sie bei der Integration unterstützt und ihnen zu mehr Teilhabe in der Gesellschaft verhilft.

Weihbischof Dr. Krzysztof Zadarko fand für das Werkvertragsarbeiter-System in der Schlachtindustrie deutliche Worte: Das sei „Menschenhandel“. Die Bekämpfung von wirtschaftlicher Ausbeutung und der Einsatz für menschenwürdige Arbeits- und Wohnbedingungen sieht er als „zentrale soziale Aufgabe für die Kirche von Europa“.

Thema des Besuchs war auch die Integration von den Flüchtlingen – insbesondere in Rietberg. Weihbischof Zadarko und Prälat Subocz besuchten zwei Familien in Rietberg. Begleitet wurden sie von der Caritas-Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe, Agnieszka Kukiełka. Sie sprachen mit den Familien über die politische Lage in ihren Heimatländern und die Integration in Deutschland. Beide Familien betonten, wie wichtig die tägliche Begleitung durch die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter sei. In Rietberg nimmt die Caritas die Aufgabe einer Schnittstelle zwischen den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung wahr.

Für die Gäste aus Polen bot sich ein sehr anschauliches Bild der Erfolge, aber auch der Probleme und Schwierigkeiten einer gelungenen Integration. Prälat Dr. Subocz war erfreut zu erfahren, dass ein „gutes Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen“ möglich ist. Weihbischof Zadarko zeigte sich vor allem interessiert an den Integrationsplänen der Caritas: Vorstand Brüggenjürgen verfolgt die Vision einer langfristigen Integrationsbegleitung mit dem Ziel, ein gutes Miteinander ohne Parallelgesellschaften zu schaffen. Auch hier kam uneingeschränkte Zustimmung von Weihbischof Dr. Krzysztof Zadarko: Der Ansatz der Caritas Gütersloh, Flüchtlings, Armuts- und Arbeitsmigration zusammenzudenken, sei „absolut richtig“.

Die Erfahrungen, die man im Kreis Gütersloh sammelt, dienen ihnen als Anregung für eine grundliegende Integration von Zuwanderern und Geflüchteten in ihrem Heimatland Polen.

Caritas-Vorstand Volker Brüggenjürgen (rechts) erklärt Weibischof Dr. Krzysztof Zadarko (links) und Prälat Dr. Marian Subocz, welches enorme Presseecho die Beratung für Familien mit Werkverträgen erfahren hat.

Im Austausch: Agnieszka Kukiełka (Caritas- Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe), Weibischof Dr. Krzysztof Zadarko, Prälat Dr. Marian Subocz und Caritas-Vorstand Volker Brüggenjürgen (v.l.).