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Ausbeutung von Arbeitnehmern

Dr. Marian Subocz, eine der prägendsten Persönlichkeiten der osteuropäischen Caritas-Bewegung, war jetzt beim Caritasverband für den Kreis Gütersloh zu Gast. Dr. Subocz, Direktor des Caritasverbandes in Polen, informierte sich über die Flüchtlingsarbeit, die die Caritas vor Ort leistet. Besonderes Interesse zeigte der Geistliche an dem Beratungsangebot für Familien von Werkvertragsarbeitern in der Fleischindustrie. Dabei fand er deutliche Worte dafür, wie die Branche mit den Menschen umgeht.

Im Haus der Caritas in Rheda-Wiedenbrück ließ sich Dr. Subocz das Beratungsangebot in allen Details erklären – und kam schließlich zu dem Schluss: Die Situation der Werkvertragsarbeiter sei ein Beispiel für die „europaweite Ausbeutung von Arbeitnehmern“ – nicht nur in der Fleischindustrie, auch in anderen Wirtschaftszweigen. Es sei Aufgabe der Kirche, hier im Sinne der katholischen Soziallehre deutlich Stellung zu beziehen, bekräftigte Dr. Subocz. Wie berichtet, hat der Caritasverband für den Kreis Gütersloh im Jahr 2016 ein auch überregional viel beachtetes Beratungsangebot für Menschen mit Werkverträgen etabliert. Angesiedelt im Kreisfamilienzentrum Herzebrock-Clarholz, verfolgt das Projekt das Ziel, Werkvertragsarbeiter zu integrieren und ihnen zu mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu verhelfen. Die Beratungsgespräche werden in Deutsch, Polnisch oder Rumänisch angeboten.

Mehr als die Hälfte der hier Ratsuchenden stammen aus Polen. So wusste Caritas-Direktor Subocz dann auch von einer Vielzahl so genannter „Euro-Waisen“ in seiner Heimat zu berichten. Der Begriff beschreibt das Schicksal der Kinder, deren Familien dadurch zerrissen werden, dass Mutter und Vater als Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie nach Deutschland oder in andere Wohlstands-Länder gelockt werden. Die Kinder wachsen praktisch ohne Eltern auf.

Besonders erfreute der Besuch Agnieszka Kukielka. Die gebürtige Polin stammt aus der gleichen Diözese wie Dr. Subocz und arbeitet seit einem halben Jahr für die Caritas-Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe. Im Rietberger Büro ließ sich der polnische Caritas-Direktor über die wichtigen Hilfen für Menschen unterrichten, die vor Krieg und Gewalt aus ihrer Heimat fliehen. Auch hier zeigte sich, wie deutlich politisch sich der Gast in humanitären Fragen positioniert: Er bedaure, dass es die derzeitige polnische Regierung nicht zulasse, dass Flüchtlinge aufgenommen werden. Der Caritasverband in Polen habe sich mehrfach für die Einrichtung eines „humanitären Korridors“ stark gemacht, damit wenigsten die besonders Bedürftigen – Kranke und/oder Kinder – Schutz in Polen fänden. Leider vergeblich.

Dennoch riefen Dr. Subocz und seine Mitstreiter die polnische Bevölkerung zur Hilfe auf. Entstanden ist daraus ein Fond aus privaten Spendengeldern, mit denen polnische Familien gut 4600 Menschen in der nordsyrischen Region um Aleppo unterstützen. Volker Brüggenjürgen, Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis Gütersloh, sagte, dies sei ein Beispiel dafür, „was uns mit der polnischen Caritas verbindet. In beiden Ländern schafft die Caritas unter den Bürgern die moralische Akzeptanz für die wichtige Flüchtlingshilfe“.

Auf die Frage, wo er Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem deutschen und dem polnischen Caritasverband sehe, sagte der Europäer Subocz: „Wo Not ist, engagiert sich Caritas.“

Weitere Infos unter Tel. 05241/9883-0

Der Direktor der Caritas in Polen, Dr. Marian Subocz (3. v.l.) bei seinem Besuch im Büro der Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe in Rietberg. Unser Bild zeigt außerdem (v. l.): Agnieszka Kukielka (Caritas-Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe), Caritas-Vorstand Volker Brüggenjürgen, Pfarrer Andreas Zander (Pastoralverbund Rietberg-Süd), Ewa Jawasreh (Caritasverband Polen), Gemeindereferent Ralf Langenscheid (Pastoralverbund Rietberg-Süd), Andrea Brüning (Ev. Kirchengemeinde Rietberg) und Marlies Trötzer (Caritas-Ehrenamtskoordination der Flüchtlingshilfe).